Bürokratie runter- geht das?
Ein paar Gedanken zum Thema Bürokratie aus meinem Buch "Vom Amtsleben", Kommentare zum konstruktiven Austausch sind erwünscht!
- Die Kultur in der Öffentlichen Verwaltung ist eine Subkultur, die sich gern am gesellschaftlichen Ideal bürgerlicher Kultur orientiert, diese jedoch -als Amtskultur- vor lauter Spießigkeit nie erreicht.
- Der „Geist“, der in den Amtstuben sozialisiert wird, ist geprägt von Unbeweglichkeit und engstirniger Konformität.
- Auf dem Hintergrund einer hundert Jahre alten Organisationsstruktur („ Kaiser Wilhelm lässt grüßen“) entfaltet sich eine Kultur, die die seltsamsten Blüten treibt. (S.11/12)
- Die politischen „Aushänge“ in Verwaltung und Politik suggerieren über „Gleichstellung“, „Quote“ etc. einen Sachverhalt, der in allen übrigen Bereichen des sozialen Lebens in Deutschland überhaupt nicht abgedeckt ist: Frauen sind auch in der Öffentlichen Verwaltung vorwiegend in dienenden Funktionen tätig, je höher die Hierarchiestufe, desto geringer der Frauenanteil.
- Die Bürokratie ist Teil des Gesellschaftmodells Demokratie; sie hat als Exekutive den politischen Willen des Volkes- via Parlament –
zu exekutieren.
Die formale Unpersönlichkeit ist das bürokratische Ideal des mitarbeitenden Menschen in der Öffentlichen Verwaltung: Arbeit sine ira et studio.
Das bürokratisch-rechtliche Korsett, innerhalb dessen der Mitarbeitende sich zu bewegen hat ist eng und lebensfremd, - aber, es entspricht dem Demokratiemodell.
- Die Überalterung in der Öffentlichen Verwaltung ist strukturell angelegt im System der Laufbahnverordnung, das gewährleistet, das die Organisation sich aus sich selbst heraus erneuert.
- Innere Kündigung ist als soziales Phänomen in der Öffentlichen Verwaltung weit verbreitet. Sichtbar, häufig am Ende der Karriere angekommen (mitunter schon in jüngerem Lebensalter, nach ausbleibender Beförderung) gibt es keinen Grund seinen Fleiss zu zeigen, Deshalb gilt der motivationstheoretische durchaus richtige Satz: Beamte sind nicht faul, sie haben nur keinen Grund ihren Fleiss zu zeigen.
- Auffällig, die strukturelle Nähe zwischen Legislative und Exekutive: das Parlament, der Deutsche Bundestag besteht zu 28% aus Bediensteten des Öffentlichen Dienstes. Parteipolitische Tätigkeiten werden im Öffentlichen Dienst stark begünstigt (Freistellungen etc.)
- Die Kultur der Öffentlichen Verwaltung ist ein Art kollektiver Kompensationsstrategie: sie hat eine Schutzfunktion. Angesichts struktureller Statik und Unveränderbarkeit wird das Büro zum Ersatzwohnzimmer, einem vorgetäuschten Familienleben, Kaffeerunden, behängten Wänden etc.
- Bürokratie, dank Alimentationsprinzip, auf den Begriff gebracht: Arbeit „Sine Ira et studio“ ohne Zorn und Eifer.
- Der Anforderung an rechtsstaatlicher Rationalität ist alles untergeordnet: Sprache, das formelhafte Dienstgewand, Gedanken etc. kurz die formale Unpersönlichkeit.
- Der verkrustete Ablauf des Behördenwegs heißt „Dienstweg“ und ist nicht – anders als in Unternehmen, wo es auch um „Prozesse“ geht- die kürzeste Verbindung zwischen Plan und Ausführung. Aus dieser Amtserfahrung heraus, bewegen sich viele Mitarbeitende im Öffentlichen Dienst auf Wegen „brauchbarer Illegalität“ : sie nutzten den Trampelpfad und nicht den Dienstweg: die Kultur der Regelabweichung.
- Weniger Bürokratie… geht das überhaupt? Wir meinen, nein! Es sei denn, man verändert nicht unentscheidendes am Demokratiemodell. (vgl. hierzu von Arnim, Macht braucht Kontrolle,2024)
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